zurück

 

Vorbemerkungen zur link-art

Als Künstler muss man selbstverständlich seine Bilder zeigen. Aber: Bilder im Internet sind zwar nett aber oft wenig überzeugend. Dafür ist diese verdammte Screen immer noch zu kein. Und die Pixelei ist auch nicht gerade für die Wahrnehmung förderlich. Und es verschwindet alles, was irgendwie an den Duktus, an die Spur erinnert. Das Aufregendste an der Internetstruktur ist die Möglichkeit der Verlinkung. Unvermutet irgendwohin zu kommen. Sehr oft ungewollt. Die Statistik zeigt, dass 60% der Besucher auf dieser Website hier durch Zufall draufgestoßen sind. Sicherlich haben fast alle die Site sofort wieder verlassen "Absprungrate 100%". Dennoch: Im Netz ist eben das Vernetzte das verrückt Spannende. Irgendwohin - irgendwoher, herumstochern, da ein Fitzelchen aufschnappen, dort mal kurz hineingucken, irgendwo einen kleinen eigenen Senf auf einer Mailbox ablassen, warten, waiting for connection, einen neuen Browser starten, während das Vorherige noch lädt, dabei wird das Ding zwangsläufig immer langsamer, überhaupt scheint die Langsamkeit des Netzes ein ganz wichtiger Faktor zu sein, auch trotz rasend schneller Leitungen, die unendlichen, nicht eingehaltenen Versprechungen einer weltweit irrsinnigen Kommunikationsneurose, ein virtuelles Kartenhaus bis zum nächsten Absturz.

Ich mache mit der Internet-Grammatik ein Kunstwerk.

Die Netzstruktur, das Labyrinth, das verschachtelte Welt-Dorf Internet hat eine faszinierende Syntax. Kein Buch ist in der Lage, Informationen so zu verknüpfen, wie die Site das kann. Ein Bild kann noch so komplex sein, es wird nie diese nervöse Dichte, diese Krankheit des Weiterstöberns bewirken, wie das die Internet-Seiten können.

Also: Ein Gefüge schaffen, ziemlich anderer Art. Z.B. eine Theorie so darlegen, dass sie den Surfer immer wieder aufs Neue anturnt weiterzugucken, herumzulinken, selbst sich im Netzwerk eines Textes zu verlieren.

Deswegen gibt es in diesem Schachtelwerk der Link-art immer wieder links, die in die eigenartigsten Ecken führen, in Sackgassen, die Haltepunkte sein können, zu anderen Künstlern verweisen, Textbruchstücke behaupten. Texte können nie zu Ende sein, die Arbeit an dieser konzeptuellen Link-Art ist immer im Fliessen. Es gibt keine Neuauflagen, es gibt keine Reproduktionen von einem Original. Wenn es zu Antworten kommen sollte, von Menschen, die diese Seiten lesen, dann können diese Antworten wieder in den Text integriert werden. Das Original ist ständig im Fluss. Es wird älter, es wächst, es bekommt einen Bauch und ein Doppelkinn.

Warum beschäftige ich mich als Künstler eigentlich mit Theorie? Warum male ich nicht in der kostbaren Zeit, die ich vor diesem Hirngespinst sitze? Weiß ich auch nicht, ich kann nur sagen, es fasziniert mich.

Die Theorie selbst zum Kunstwerk machen. Anmaßend werden. Die Theorie ist immer ein Kunstwerk, denn sie ist - ehe sie zu einer wissenschaftlich zementierten Lehre gerinnt - immer verbunden mit dem eigenartigen Kopf eines eigenartigen Menschen. -

Einer hat etwas gesehen, was sonst noch niemand so gesehen hat.

"Ich seh etwas, was Du nicht siehst - und das ist weg..."

Eben - häufig ist das Stuss, was einer in seinem Kopf ausbrütet. Vielleicht liebenswerter Stuss. Aber vielleicht führt es auch weiter.

Da könnte gemeinsam darüber nachdenken. Manchmal klingt eine theoretische Überlegung auch nur gut, ist in Wirklichkeit nur Wortgeschwalle.

Wir kennen das. Auch die Institution, die das Monopol auf Theoriebildung hat - die Universität - hat schon viel Unsinn produziert. Es gibt viele Bücher, wo man nur den Kopf schütteln kann, wenn man sie liest. Universitäre Praxis ("Forschung") besteht häufig hauptsächlich darin, den Blödsinn von anderen Kollegen aufzudecken, um darstellen zu können, dass man selber den großen Durchblick hat.

Haben Sie schon mal Bilder gesehen, die ein anders Bild widerlegen sollen? Vielleicht gibt es so was, aber bestimmt nicht als Regelfall. Ein Künstler kann ganz einfach zu dem stehen, was er selber meint. Mehr kann er auch nicht. Und dies ist Grundlage für unser Handwerk. Und in diesem Sinne kann auch die Zeichenkritische Theorie gelesen werden. Kunst muss nicht immer ein Bild produzieren. Das hat uns die Konzept-Art beigebracht. Kunst zeigt auf, wie die Dinge miteinander verbunden sein können. Und gute Kunst ist es dann, wenn alle im Bild (oder eben im Text) vorkommenden Ebenen miteinander schwingen, eben "stimmen". Doch das kann nur der entscheiden, der sich das Werk anschaut. Nur der!

Schau Dir z.B. den Kunstkritiker an. Auch er ist ein Künstler. Er weiß es nur nicht. Er macht sich seine Gedanken zu einem Ding, das er vor sich sieht. Muss überhaupt nicht stimmen, was er da von sich gibt. Weiß er selber. Häufig schreibt er deswegen so gestelzt, dass es mit Sicherheit niemand versteht. Aber er entscheidet über den Produzenten von Kunst. Und wir Künstler fallen drauf rein, meinen, wir könnten uns an ihn ranmachen, um so an das große Geld zu kommen. Hast Du Dich schon mal an einen Künstler rangemacht, um ans große Geld zu kommen? Bist Du ein Spekulant? Also, auch der Kunstkritiker soll der ehrliche Künstler bleiben, der er ist. Er soll seine Kunst dazu benutzen, die Dinge so zu verknüpfen, dass sie wieder stimmen. Der Kunstkritiker kann im Gestrüpp der Ideen Wege aufzeigen, aber er soll nicht glauben, er allein wisse, wohin die Reise geht. Und die "Kunstkritiker", die nur dafür arbeiten, dass sie selbst als die eigentlichen Macher dastehen, (wie übrigens auch viele Ausstellungsmacher, für die die KünstlerInnen lediglich die Rohmasse darstellen...) werden genauso vergessen werden, wie die Künstler, die nur nach dem Markt arbeiten.

Vielleicht trifft man im Internet auf Leute, die davon mehr verstehen.

Ich rufe dazu auf: unabhängig von den gängigen Kunstforen ein Netz derer schaffen, die sich einmischen wollen in die künstlerische Diskussion, lasst uns anmaßend werden!